
Wissenswertes über die zentrale Speicherung Ihrer medizinischen Daten.
Seit dem 29. April 2025 wurde die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten eingeführt. Wir nutzen und pflegen diese zentrale Speicherstelle für Ihre wichtigsten medizinischen Daten von Anfang an. Vielen Menschen wissen bisher nur sehr wenig darüber. In diesem Beitrag erfahren sie wichtige Fakten zur ePA, die sie möglicherweise noch nicht wussten!
Zur Nutzung der ePA erhalten Patienten von ihrer Krankenkasse eine App. Ärzte und Patienten sollen dann Befunde und Medikationspläne in die Akte im Internet hochladen.
Doch die ePA stößt sowohl auf Zustimmung als auch auf Kritik.
Der Anspruch der elektronischen Patientenakte:
1. Verbesserte Behandlungsqualität
Durch die zentrale Speicherung medizinischer Daten sollen Ärzte schneller auf Informationen zugreifen können. Dies soll gezieltere Diagnostik und Therapie ermöglichen, Doppeluntersuchungen reduzieren und Risiken vermindern.
2. Stärkung der Patientenautonomie
Patienten erhalten über die ePA-App ihrer Krankenkasse einen umfassenden Überblick über ihre Gesundheitsdaten (Diagnosen, Abrechnungsdaten). Dies soll Transparenz fördern.
3. Entlastung des Gesundheitssystems
Die Digitalisierung medizinischer Dokumente soll den administrativen Aufwand in Praxen und Kliniken verringern. Langfristig sollen dadurch Kosten eingespart und Ressourcen effizienter genutzt werden.
Risiken und der wenig bekannte eigentliche Zweck der ePA
1. Die ePA ist nicht neu!
Sie wurde bereits 2001 eingeführt. Damals musste man sich als Patient explizit dafür entscheiden und die Nutzung bei der Kasse selbst beantragen (Opt-in). Wegen geringer Teilnahme, wurde das Teilnahmeprinzip 2024 dann geändert. Jeder Patient nimmt jetzt automatisch teil, es sei denn er widerspricht ausdrücklich (Opt-out). Die Kassen und das Bundesgesundheitsministerium haben ein großes Interesse an diesen Gesundheitsdaten.
2. Digitalisierung verringert nicht Arbeitsaufwand:
So wie seinerzeit der Computer nicht das papierlose Büro zur Folge hatte, bringt die ePA nicht wie behauptet weniger Arbeit, sondern erheblichen Mehraufwand bei allen Beteiligten, vor allem aber in den Arztpraxen und Kliniken. Zeit, die der Patientenversorgung nicht zur Verfügung steht.
3. Sicherheitsbedenken
Die zentrale Speicherung sensibler Gesundheitsdaten birgt hohe Risiken. Gespeicherte Daten sind niemals absolut sicher. Datenlecks und Hackerangriffe sind real und nehmen zu. Auf die Meldungen von Sicherheitslücken die z.B. der CHAOS Computerclub in Hamburg aufgedeckt und gemeldet hat, wurde offiziell nie reagiert.
4. Zugriffsrechte
Patienten können nicht individuell festlegen, wer Zugriff auf bestimmte Dokumente bekommt. Zahnarzt oder Apotheker können zum Beispiel Befunde oder Diagnosen des Psychiaters einsehen.
5. Digitale Kluft
Für die Nutzung der ePA ist ein Computer mit Scanner oder Smartphone Voraussetzung. Patienten sollen Befunde selbst scannen und hochladen. Senioren oder sozial benachteiligte Gruppen sind dadurch von der Teilnahme ausgeschlossen. Lediglich Diagnosen und Abrechnungsdaten werden automatisch gespeichert. Patienten sollen zudem Abrechnungsdaten und Diagnosen der behandelnden Ärzte einsehen und kontrollieren können. Dies kann das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient empfindlich stören.
6. Was passiert mit Ihren Daten?
Die erhobenen umfangreichen Daten sind wertvoll. Industrie, Krankenkassen, Gesundheitsministerium (BMG) haben ein immenses Interesse daran. Sie dürfen offiziell „zu Forschungszwecken“ ausgewertet werden. Warum sonst, wird derart dafür geworben und warum ist wohl das Opt-in Modell durch Opt-out, also ein automatische Teilnahme, ersetzt worden?
Wenig bekannt ist, dass Ihre Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken (an die Industrie) weitergegeben werden dürfen. Das kann auch Weitergabe gegen eine Geldzahlung bedeuten, also verkaufen. Sie sollen zwar „pseudonymisiert“ werden (Name, Adresse werden durch Nummern ersetzt), es ist aber weiterhin möglich, den Patienten „bei berechtigtem gesundheitlichen Interesse“ wieder zurückzuverfolgen. Die Daten werden also nicht wirklich anonym weitergegeben! Es ist somit denkbar, dass Erlöse aus dem Datenverkauf genutzt werden, um die Krankenkassenbeiträge niedriger zu halten.
Fazit:
Die Digitalisierung und zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten wird sinnvoll und hilfreich sein. Die großen Datenmengen wecken allerdings große Begehrlichkeiten. Es ist durchaus denkbar, dass zukünftig z.B. Versicherungen Zugriff auf diese Daten vor Vertragsabschluss einfordern. Die Kommunikation darüber, was mit Ihren gespeicherten Gesundheitsdaten jetzt und zukünftig geschieht ist noch unzureichend. Jeder muss nach reiflicher Überlegung selbst entscheiden können, ob er schon jetzt an der ePA teilnimmt oder noch wartet, bis die Rahmenbedingungen zum Schutz Ihrer Daten besser geregelt sind. Wer die ePA in der gesetzlichen Krankenkasse jetzt bereits nutzen möchte, nimmt automatisch daran teil und muss weiter nichts tun. Wer sich das noch überlegen möchte oder zunächst oderspäter nicht teilnehmen möchte, kann jederzeit auf verschiedenen Wegen bei seiner Krankenkasse die Nutzung der ePA widerrufen (Opt-Out). Dies ist jederzeit möglich, auch wenn schon eine Akte mit Daten besteht. Bei Widerruf werden die bisherige Daten aus der ePA gelöscht.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann grundsätzlich eine gute Sache werden und man wird sich langfristig dieser Technik nicht verschließen können, aber der Weg zu einer für alle Seiten zufriedenstellenden digitalen Gesundheitsakte wird noch lang und steinig sein!
Dr. Michael Kranzhoff
Quellen / weiterführende Literatur:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Elektronische_Gesundheitsakte?
